Gestörte Beziehungsfähigkeit

Widerspruch zwischen Anerkennungssucht und Gegnerschaft

Individuelle Symptome: 

„Narzissten sind auf die Bestätigung von außen angewiesen, um das eigene Selbst zu stabilisieren. Zugleich erschweren es ihnen Defizite im Einfühlungsvermögen in andere Menschen, gleichberechtigte, stabile Beziehungen aufrechtzuerhalten. Ihr ausgeprägter Eigenbezug dient überwiegend dazu, soziales Unbehagen und zwischenmenschliche Unsicherheit zu kaschieren. „In näheren Beziehungen können die Betroffenen durchaus charmant und betörend wirken, um ein positives Feedback zu erhalten. Manche gehen mit anderen Menschen aber auch geradezu manipulativ vor, um ihre Ziele zu erreichen. Beziehungen werden dabei oft von beiden Seiten nur solange aufrechterhalten, solange Bewunderung für den Narzissten vorhanden ist. Das Umfeld lässt sich so ein Verhalten meist nicht lange bieten. Narzissten lassen wiederrum andere Menschen manchmal von einem Moment auf den anderen fallen, wenn diese nicht länger dazu beitragen, das Selbstwertgefühl des Narzissten zu bestärken oder dessen Ziele zu erfüllen. Emphatische Defizite tragen dazu bei, dass ein rücksichtsloser und verletzender Umgang mit Menschen aufrechterhalten wird. Früher oder später fühlen sich Personen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung oft sehr alleine und entwickeln einen großen Leidensdruck unter ihren problematischen Persönlichkeitszügen. Kritik an ihren Leistungen, Zurückweisung oder auch Kränkungen erleben sie als überaus schmerzlich und tiefgreifend bis hin zu einer existentiellen Bedrohung. Ein Teil von ihnen erlebt schwere depressive Krisen bis hin zur Entwicklung von Suizidgedanken. Die narzisstische Persönlichkeitsstörung geht mit einer hohen Suizidrate von 14 Prozent einher.

Auch narzisstische Persönlichkeitsstörungen können als extreme Ausprägung eines Persönlichkeitsstils mit unflexiblen, starren und unzweckmäßigen Persönlichkeitszügen betrachtet werden, die dabei die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen, zu (subjektivem) Leid oder zu häufigen Konflikten mit der Umwelt führen.“

Quelle: www.psychiater-im-netz.org; Mathias Berger, Psychische Erkrankungen – Klinik und Therapie, Urban & Fischer München, (4. Auflage 2012)

 

Gesellschaftliche Symptome: 

Was soll schon dabei herauskommen, wenn sich eine menschliche Gesellschaft auf Konkurrenz gründet als zerrissene Menschen und Gemeinschaften. Konkurrenz schließt das menschlichste am Menschen aus und zerstört es, die Gesellschaftlichkeit, also das gemeinschaftliche, gesellige. Gesunde, gerechte, stärkende, menschliche und harmonische Beziehungen können nicht gegen- sondern nur miteinander gestaltet und gelebt werden. Die auf Konkurrenz ruhenden Berührungspunkte (von menschlichen Beziehungen kann dabei nur schwerlich die Rede sein), können nur mit Gewalt, Angst und Manipulation aufrecht herhalten werden. Dafür gibt es Medien, Psychotherapien, verführerische Waren- und Genussmittel, Gesetze und ausführende Gewaltorgane mit heutzutage atemberaubendem Vernichtungspotenzialen ebenso wie verinnerlichte Zwänge, ganz voran der Zwang der finanziellen Lebensfinanzierung.

Wie sehr dieser unselige Zwang als quasi naturgesetzlich verinnerlicht wurde zeigt sich beispielsweise an der erschreckend paradoxen Tatsache, dass viele Menschen einer Beschäftigung nachgehen, ohne ihren Lebensunterhalt damit decken zu können. Sie verbrauchen ihr Leben „lieber“ mit irgendwelchen sinnfreien Beschäftigungen, anstatt sich für ihr sinnerfülltes, schöpferisches Dasein einzusetzen. Und dass sich oft genug für ihren Arbeitsplatzerhalt Streikende T-Shirts mit Aufdruck ihres Unternehmens überziehen („ich bin Haribo“) und für den nicht mehr tragbaren Arbeitsplatzerhalt bereit sind, große Einkommenseinbußen hinnehmen zeigt, dass Verwertung selbstverständlicher geworden ist als menschlich zu (über)leben. Es ist das geschichtlich hervorgebrachte, negative Bedürfnis nach Selbstwert durch Selbstverwertung.

Zunehmend vereinzelte und von sich und anderen entfremdete Individuen kommen nur noch zusammen, wie es der Job, der Eigennutz oder die Anerkennungssucht erfordern. Das wieder sichtbar werdende Denunziantentum und die Spaltung bis in die Familien hinein zeigen das sehr deutlich.

Aber auch die Selbstverständlichkeit, einerseits Migranten zu verteufeln, andererseits aber von diesen im eigenen Laden Geld für Waren anzunehmen verrät diese verwahrlosten Beziehungsstrukturen.