Die zukünftige Aufgabe der sozialen Massenbewegung

Praktische Gestaltung einer wertfreien menschlichen Gesellschaftsform

Die zukünftige und offenbar gar nicht ferne Aufgabe (womöglich steht sie wegen der beschleunigten Dramatik des kapitalistischen Systemverfalls bereits jetzt an und verwebt sich mit der gegenwärtigen Aufgabe) kann keine andere sein, als die Überwindung des kapitalistischen Selbstzwecks der Geldvermehrung samt aller, darauf beruhenden Daseins- und Wirtschaftsweisen.
Was natürlich nicht heißt, alles zu vernichten und wieder mit dem Faustkeil anzufangen, aber sehr wohl alles auf Tauglichkeit für ein menschlich sinnvolles, lebensfreundliches und naturbewahrendes Leben radikal kritisch zu überprüfen. Warum sollten Mozart oder Pink Floyd verworfen werden, obwohl sie der Neuzeit zuzurechnen sind?

Was bei Anlegen der sinnlich-konkreten Kriterien von Menschlichkeit Bestand hat, wird erhalten. Ebenso sind während der Übergangszeiten die vorhandenen kapitalistischen Strukturen, wie z. B. lokale und globale Handelsketten kontrolliert aufrechtzuerhalten, bis sie durch entsprechende neue Formen abgelöst werden können. Es nützt keinem etwas, die jetzigen Vernetzungen (z. B. global-kapitalistische Handelsketten der Nahrungsgüterversorgung) blindwütig zu zerschlagen, weil sie der veralteten Form entsprechen. Wir hätten recht bald nichts mehr zu essen. Und Radieschen auf dem Balkon zur Selbstversorgung dürften sich recht witzig ansehen, man brauche sich nur eine Millionenstadt wie Berlin vorzustellen, um diesen Ansatz als unrealistisch zu erkennen.

Alle Menschen, seit es welche gibt, haben mit ihrem Leben, ihrer Kreativität, ihren Sorgen, Widerständen und Willigkeiten dazu beizutragen, all das hervorzubringen, was an Wissen, Kultur, Bauten, Kunstwerken, Strukturen, Techniken, Sammlungen, Kochrezepten, Haustier-/Getreidearten, Literatur, Hobbys usw. usf. an Reichtum geschaffen wurde. Weshalb sollte alles vernichtet oder abgeschafft werden, bloß weil es unter gesellschaftlichen Fetischformen hervorgebracht wurde?

Es ist zu entscheiden, was unter den Gesichtspunkten zur Befriedigung der bereits mehrfach genannten menschlichen und natürlichen Bedürfnissen Bestand haben soll oder einfach aus Gründen der Freude und der Lust oder Gewohnheit bleiben soll ... soweit es nicht wesenhaft dem Erhalt des kapitalistischen Weltsystems entspricht.

Und ich betone, dass es keinen einheitlichen Plan, keine einheitliche Utopie für eine menschliche Weltgemeinschaft fertig konsumierbar von der Stange geben kann. Die Zeit der Gesellschaftssysteme, der Fetischformen, ob nun Steinzeit, Sklaverei, Feudalismus oder Kapitalismus) ist vorbei. Die Menschheit steht vor ihrer Befreiung von allen, sie unterwerfenden Systemen. Kapitalismus als letztes, bis in jede Pore von Mensch und Gesellschaft verinnerlichtes System hat die Entfremdung bis auf eine nicht überbietbare Spitze getrieben. Damit würde bei jedem weiteren Steigerungsversuch, der Tod anstehen und genau deshalb muss eine nach vorn gerichtete Hinwendung zu sinnlichen, konkreten Kriterien der Bedürfnisbefriedigung erfolgen. Verallgemeinerungen, wie das Nadelöhr der Finanzierbarkeit, durch die jeder Mensch gepresst wird, darf und kann es nicht mehr geben.

Ganz praktisch herangereift steht vor der Menschheit womöglich die größte Wandlung seit ihrem Entstehen an. Doch auch dafür bedarf es einzelne Schritte, was die Aufgabe machbar erscheinen lässt.

 

Eine der fiesesten Fallen bei der Gestaltung einer menschlichen Gesellschaftsform ist die Utopie. Utopie heißt übersetzt soviel wie „Niergendwo“ bzw. „Nichtland“. Ein grundlegendes Problem bei der Verwirklichung von Utopien, ist die Notwendigkeit, Menschen an das Ideal der Utopie anzupassen. Ganz gleich ob es der zu schaffende Übermensch sein soll oder der bedürfnislose Arbeitsameisenmensch. Wozu das führte haben u. a. die sowjetischen Gulags auf schreckliche Weise bewiesen. Es ist erschreckend, mit welchen ideologischen Argumenten die Notwendigkeiten von Arbeitslagern und Erschießungen zur Gestaltung einer menschlichen Gesellschaftsform begründet wurden, frei nach dem Motto: „Jetzt müssen leider so und so viele Schädlinge dran glauben, aber die Opfer lohnen, für die lichte Zukunft.“
Auch der Weg zu einer menschlichen Gesellschaftsform muss bedingungslos menschlich sein und sich anhand der sinnlich-konkreten sozialen und natürlichen Bedürfnisse des Menschen und der Natur orientieren. Dies kann nur Schrittweise in praktisch zu überprüfenden Schritten erfolgen.

Eine weitere Falle ist die Vorstellung, Kapitalismus spiele sich nur in der Wirtschaft ab und könne mittels Politik überwunden werden OHNE den Selbstzweck der Geldvermehrung anzuhalten und abzuschaffen. Diesen, auf dieser Vorstellung basierenden Versuch mussten die Ostblockstaaten (Real-Sozialismus) mit ihrem Zusammenbruch teuer bezahlen.

Es kann eben mit unheiligen Mitteln kein heiler Zweck erfüllt werden ... was übrigens derzeit an den unheiligen Corona-Maßnahmen mehr als offensichtlich wird.